Na endlich – Leo kriegt den Oscar

88th Oscars®, Academy Awards, Press Rooms

Die strahlenden Gewinner der 88. Academy Awards (von links): Mark Rylance, Brie Larson, Leonardo DiCaprio und Alicia Vikander. Foto: Phil McCarten/A.M.P.A.S.

Dem großen Manitu sei dank – Leonardo DiCaprio hat endlich seinen Oscar bekommen. Fünf Mal war DiCaprio zuvor leer ausgegangen. Mit der Hauptrolle im Survival-Drama „The Revenant“ konnte er die Academy-Mitglieder nun überzeugen. Seine „Krönung“ zum besten Schauspieler war der Höhepunkt der 88. Academy Awards. Und was musste Leo nicht alles erleiden als vom Bären angefressener und von Hass zerfressener Trapper in der amerikanischen Wildnis. Er habe während der Dreharbeiten seelisch und körperlich leiden müssen, betonte DiCaprio zuvor in etlichen Interviews. Man gewann fast den Eindruck, als habe ihn Regisseur Alejandro G. Inarritu gezwungen, auch während der Drehpausen hungernd und frierend in einem vereisten Erdloch auszuharren – als sei er genötigt worden, die Rolle zu übernehmen und dafür eine Millionengage einzustreichen. Spaß beiseite: In „The Revenant“ lieferte DiCaprio zwar nicht die beste Leistung seiner Karriere ab, wohl aber die, die am nachhaltigsten im Gedächtnis bleibt. Absolut oscarwürdig!

Leonardo DiCaprios Sieg kam nicht überraschend, hatte er doch zuvor bei zahlreichen anderen Preisverleihungen abgeräumt. Wie auch Brie Larson, die für ihre Hauptrolle in „Room“ ausgezeichnet wurde. So hatten viele Oscar-Fans auch Sylvester Stallone auf dem Zettel. In „Creed“ war der inzwischen 69-jährige Hollywood-Haudegen bereits zum siebten Mal in die Rolle des Boxers Rocky Balboa geschlüpft. Zur großen Verwunderung wurde aber Mark Rylance zum besten Nebendarsteller gekürt, der in „Bridge of Spies“ einen russischen Spion spielte. Ganz so vorhersehbar entscheiden die Academy-Mitglieder eben doch nicht immer. Den Oscar für die beste Nebendarstellerin erhielt Alicia Vikander. Die Schwedin glänzte als Frau von „The Danish Girl“ Eddie Redmayne.

Bester Film des Jahres ist das Enthüllungs-Drama „Spotlight“. „The Revenant“ gewann weitere Preise für die beste Regie (Alejandro G. Inarritu) und Kamera (Emmanuel Lubezki). Die Nase vorn hatte jedoch ein anderer Film. Insgesamt sechs Oscars (darunter bester Schnitt, beste Kostüme, bester Ton) gingen an George Millers Endzeit-Action-Kracher „Mad Max: Fury Road“. Das ist auch mal ein Statement.

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US-Komiker Chris Rock führte mit beißendem Spott durch die Show. Foto: Marc Suban/A.M.P.A.S.

Allerdings waren es nicht wirklich Filme, die im Mittelpunkt der diesjährigen Oscar-Verleihung standen. Die Diversity-Debatte hatte vorab für Schlagzeilen gesorgt. Die Academy musste heftige Kritik einstecken, weil zum zweiten Mal in Folge keine schwarzen Darsteller nominiert waren. Und das Thema bestimmte auch die Show. Moderator und Komiker Chris Rock erwies sich als echter Glücksgriff und teilte mächtig aus – gegen die Academy, gegen die Filmindustrie, aber auch gegen seine schwarzen Kollegen – so etwa gegen Jada Pinkett Smith. Die Frau von Will Smith hatte angekündigt, die Oscar-Verleihung zu boykottieren. Wie sie etwas boykottieren könne, zu dem sie gar nicht eingeladen sei, ätzte Chris Rock und hatte die Lacher (meist) auf seiner Seite. Was die schwarzen Filmschaffenden wirklich bräuchten, seien Chancen – also gute Rollen in guten Filmen. Recht hat er.

Für einen der rührendsten Momente der Show sorgte Ennio Morricone. Der 87-jährige Kult-Komponist des Spaghetti-Western erhielt den ersten, längst überfälligen Oscar seiner Karriere (den Ehren-Oscar ausgenommen) für die Filmmusik in Quentin Tarantinos Schnee-Western „The Hateful 8“. Gänsehaut-Stimmung verbreitete Musiker Dave Grohl mit dem Beatles-Klassiker „Blackbird“, als traditionell an die in den vergangenen zwölf Monaten verstorbenen Kollegen erinnert wurde.

Weitere emotionale Momente? Fehlanzeige. Nach dem grandiosen Auftakt von Chris Rock geriet die Show zur nüchternen Ansage der Gewinner. Daran konnten auch die Auftritte von Sam Smith (unterirdisch), Lady Gaga und Weeknd nichts ändern. Ein sprichwörtlicher Griff ins Klo war die Einblendung der Personen, denen die Preisträger dankten. Die Namen liefen viel zu schnell durchs Bild, erinnerten eher an Börsenkurse als an eine nette Geste. Eine völlig unnötige Neuerung, zumal die meisten Namen während der Dankesreden wiederholt wurden. Inakzeptabel und respektlos war wieder einmal auch, dass die Dankesworte nach ein paar Sekunden durch Musik abgewürgt wurden. Lediglich Leonardo DiCaprio, der eine flammende Rede auf den Umweltschutz hielt, wurde nicht unterbrochen.

Und das ist auch, was von den 88. Academy Awards in Erinnerung bleibt: DiCaprios Worte und das strahlende Lächeln eines Siegers.

PS: Ich lese gerade, ich habe bei Ma-Gos Oscar-Tippspiel den zweiten Platz gewonnen. Das ist doch mal was 🙂

Die Preisträger der 88. Academy-Awards

Bester Film: „Spotlight“
Bester Hauptdarsteller: Leonardo DiCaprio, „The Revenant“
Beste Hauptdarstellerin: Brie Larson, „Room“
Bester Nebendarsteller: Mark Rylance, „Bridge of Spies“
Beste Nebendarstellerin: Alicia Vikander, „The Danish Girl“
Beste Regie: Alejandro González Iñárritu, „The Revenant“
Beste Kamera: Emmanuel Lubezki, „The Revenant“
Bester Filmsong: Sam Smith und Jimmy Napes, „Writing’s on the „Wall“ aus „James Bond 007: Spectre“
Beste Filmmusik: Ennio Morricone, „The Hateful 8“
Bester fremdsprachiger Film: László Nemes, „Son of Saul“
Bestes adaptiertes Drehbuch: Adam McKay und Charles Randolph, „The Big Short“
Bestes Originaldrehbuch: Tom McCarthy und Josh Singer, „Spotlight“
Bester Kurzfilm: Serena Armitage und Benjamin Cleary, „Stutterer“
Bester Dokumentarfilm: Asif Kapadia und James Gay-Rees, „Amy“
Bester Dokumentar-Kurzfilm: Sharmeen Obaid-Chinoy, „A Girl in the River: The Price of Forgiveness“
Bester Animationsfilm: Pete Docter und Jonas Rivera, „Alles steht Kopf“
Bester animierter Kurzfilm: Gabriel Osorio und Pato Escala, „Bear Story“
Beste visuelle Effekte: Mark Williams Ardington, Sara Bennett, Paul Norris und Andrew Whitehurst, „Ex Machina“
Bester Ton: Chris Jenkins, Gregg Rudloff und Ben Osmo, „Mad Max: Fury Road“
Bester Tonschnitt: Mark A. Mangini und David White, „Mad Max: Fury Road“
Bester Schnitt: Margaret Sixel, „Mad Max: Fury Road“
Bestes Make-up und Frisuren: Lesley Vanderwalt, Elka Wardega und Damian Martin, „Mad Max: Fury Road“
Bestes Szenenbild: Colin Gibson und Lisa Thompson, „Mad Max: Fury Road“
Bestes Kostümdesign: Jenny Beavan, „Mad Max: Fury Road“

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Oscar für Besserwisser

88th Oscars®, Academy Awards, Wednesday Rehearsals

Warten auf Oscar: Am Sonntag wird in Los Angelos der begehrteste Filmpreis der Welt verliehen. Foto: Richard Harbaugh / ©A.M.P.A.S.

Die 88. Academy Awards stehen vor der Tür. Ihr habt keinen blassen Schimmer, wollt aber dennoch beim Smalltalk glänzen? Dann seid ihr bei mir genau richtig. Hier bekommt ihr jede Menge unnützes Oscar-Wissen, mit dem ihr Eindruck schinden könnt. Und los geht’s.

Zu aller erst: Wer ist eigentlich dieser Oscar? Die berühmte Statue zeigt einen Ritter, der ein Schwert hält und auf einer Filmrolle steht. Wie es heißt, wurde die nackte Figur ohne ein männliches Modell kreiert (hört, hört). Die Statue ist genau 34,29 Zentimeter hoch, ganze 3,856 Kilogramm schwer und mit einer 24-karätigem Goldschicht überzogen. Offiziell heißt der begehrte Filmpreis „Academy Award of Merit“. Inoffizieller Name ist Oscar – und das schon seit den 1930er Jahren. Woher der Name rührt, fällt inzwischen ins Reich der Hollywood-Legenden. Angeblich soll eine Academy-Sekretärin beim Anblick der Statue gesagt haben: „Der sieht ja aus wie mein Onkel Oscar.“

Ein paar Oscar-Rekorde gefällig? Als jüngste Gewinnerin aller Zeiten wird Tatum O’Neal geführt. Als sie für ihre Nebenrolle in „Paper Moon“ (1973) gewann, war sie zehn Jahre alt. Nicht unter den Tisch fallen gelassen werden darf Shirley Temple. Mit sechs Jahren wurde ihr ein Sonderpreis (ein Miniatur-Oscar) für ihren herausragenden Beitrag zur Filmunterhaltung überreicht. Die älteste Gewinnerin war bisher die 94-jährige Maureen O’Hara, die 2014 für ihr Lebenswerk geehrt wurde. Jessica Tandy war immerhin 81, als sie für die beste Hauptrolle in „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ ausgezeichnet wurde. Die Schauspielerin mit den bisher meisten Nominierungen ist Meryl Streep. Sie wurde bereits 16 Mal nominiert, in diesem Jahr geht sie aber leer aus. Bei den Männern ist Jack Nicholson mit zwölf Nominierungen an der Spitze. Katharine Hepburn hält den Rekord der Schauspielerin mit den meisten Oscars. Sie konnte im Laufe ihrer Karriere vier Stück einheimsen.

Und nun zur aktuellen Verleihung: Für die Kategorie bester Film standen 307 Filme zur Auswahl. Acht davon schafften es auf die Liste der Nominierten. Mit 25 Jahren ist Schauspielerin Jennifer Lawrence die jüngste Vierfach-Nominierte. Für Überraschung hat die Nominierung von Sylvester Stallone als Rocky Balboa in „Creed“ gesorgt. Dabei wurde er bereits 1976 für „Rocky“ nominiert, als bester Schauspieler und für das beste Drehbuch. Kameramann Roger Deakins („Sicario“) ist zum 13. Mal nominiert, Komponist John Williams bereits zum 45. !!! Mal für den besten Soundtrack („Star Wars: The  Force Awakens). Der Film mit den meisten Nominierungen in diesem Jahr – nämlich zwölf – ist „The Revenant“, gefolgt von „Mad Max: Fury Road“ mit zehn Nominierungen.

Wer entscheidet eigentlich über die Gewinner? Die Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Science, derzeit 6261 an der Zahl. Die Stimmzettel müssen bis spätestens eine Woche vor der Verleihung bei der Academy eingegangen sein und werden von vereidigten Notaren ausgezählt. In diesem Jahr geriet die Academy in die Kritik. Zum zweiten Mal in Folge wurden nur weiße Darsteller nominiert. Auch in den anderen Kategorien dominierte die Farbe Weiß. Diversität – Fehlanzeige. Einige schwarze Filmschaffende wie Will Smith und Spike Lee hatten daraufhin angekündigt, die Verleihung zu boykottieren. Presenter Chris Rock soll sogar seine Moderation umgeschrieben haben. Die Academy reagierte und kündigte Reformen bei der Auswahl ihrer Mitglieder an. Ob das die erwünschte Veränderung bringt, ist allerdings zu bezweifeln. So viel dazu.

Was spricht dagegen, sich die Oscarverleihung in der Nacht zum 29. Februar anzutun?  Weil sich die „Berichterstattung“ vom Red Carpet endlos in die Länge zieht. Wenn es dann endlich losgeht, ist es 3 Uhr morgens (montagmorgens!!!) – eine unmögliche Zeit für Berufstätige. Weil die Academy angekündigt hat, dass in diesem Jahr die Dankesreden der Gewinner flachfallen. (Die Reden waren bisher immer ein Garant für rührende bis peinliche Fremdschäm-Momente.) Weil es bei den Oscars nicht um wahre Filmkunst, sondern eher um Kommerz geht.

Weshalb ihr euch die Oscars trotzdem live anschauen solltet: Weil man Schlaf nachholen kann. Weil die Show trotz einiger Pannen in den vergangenen Jahren einfach unglaublich unterhaltsam ist. Wann sieht man schon mal so viele Stars auf einem Haufen? Um live mitzuerleben, wie Leonardo DiCaprio den ersten Oscar seiner Karriere gewinnt. Um euren anderen Favoriten die Daumen zu drücken. Um sich mit Fans in aller Welt (die Verleihung wird in 225 Länder übertragen) zeitgleich für eine der schönsten Nebensachen überhaupt zu begeistern – für Kino.

Lest dazu auch „Die Nominierungen“, „Kein Platz für Helden – The Revenant“ , „The Hateful 8 – Was ist los Mr. Tarantino?“ und „Welcome back – Mad Max: Fury Road“ .

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Welcome back – MAD MAX: FURY ROAD

Was? Zehn Oscar-Nominierungen für „Mad Max: Fury Road“? Ich dachte schon, ich hätte mich verlesen – vor ein paar Wochen. Zehn Nominierungen für „Mad Max“? Das hat mich neugierig gemacht. So neugierig, dass ich mir den Film ganz gegen meine Überzeugung noch schnell vor der Verleihung der Academy Awards angeschaut habe.

Warum gegen meine Überzeugung? Über 30 Jahre ist es her, dass sich Mel Gibson als verrückter Max in der Donnerkuppel herumkugeln ließ – mit Tina Turner als noch viel verrücktere Irokesenbraut. Der Film war so grotesk wie unnötig. Ehrlich gesagt, danach war ich erst einmal kuriert von „Mad Max“.

Max und die Krawallos

Dabei war Regisseur George Miller 1979 so vielversprechend gestartet mit seine Low-Budget-Produktion, katapultierte die Zuschauer in eine nicht allzu ferne, postapokalyptische Zukunft, in der sich die letzten Menschen, wenn immer sie dann aufeinandertreffen, massakrieren. Wasser und Benzin sind Mangelware und deshalb schwer umkämpft. Wer hier zimperlich ist, stirbt. Nur die Starken überleben. Wie der Ex-Cop Mad Max – ihn dürstet es nicht nur nach Wasser und Benzin, sondern auch nach Blut. Ein paar Krawallos haben seine Familie getötet. Max Rachefeldzug ist brachial brutal. Der Held wortkarg, seine Humorlosigkeit deprimierend, die Handlung eindimensional, aber gerade deshalb so eindrucksvoll. Das sind die Stärken des Films.

Teil 2 „Mad Max – Der Vollstrecker“(1981) und Teil 3 „Jenseits der Donnerkuppel“ (1985) verwässerten diesen Eindruck. Mel Gibson war zum Frauenschwarm und zum Hollywood-Star aufgestiegen. George Miller hatte den Familienfilm für sich entdeckt („Ein Schweinchen namens Babe“ – ja, wirklich). Die Figur Mad Max war ausgelutscht, verschwand in den Annalen der Filmgeschichte.

Was also hat George Miller 30 Jahre später richtig gemacht? So richtig gemacht, dass es zehn! Nominierungen hagelte, dass ich mich herabließ, dem alten Max noch einmal eine Chance zu geben? Miller hat mir (und den vielen anderen Millionen Zuschauern) eine zweistündige quietschbunte Verfolgungsjagd geliefert, ein beinahe dialogfreies Drehbuch, eine Handlung, die in ihrer Eindimensionalität erneut beispiellos ist. Dazu jede Menge Autowracks und einen schlagkräftigen Helden, der nicht Max, sondern Furiosa (Charlize Theron) heißt. Einen neuen Mad Max gibt es auch, doch der ist in „Fury Road“ eher Randfigur, was nicht schlimm ist. Tom Hardy gerät als verstaubter Einzelgänger zwischen die Fronten, entscheidet sich aber für die richtige und kämpft schließlich an Furiosas Seite.

Furiosa und die Brüter

Zur Handlung: Furiosa flüchtet mit einem Tanklastzug aus der Zitadelle, der Festung des fiesen Herrschers Immortan Joe. Mit an Bord ist eine Gruppe von Brütern. Das sind Frauen, die von Joe als Gebärmaschinen gehalten werden, um gesunde Nachkommen ins Ödland zu bringen. Joe ist außer sich, als er von Furiosas Verrat erfährt. Mit seiner Armee jagt er die Frauen. Die sind alles andere als wehrlos, aber trotzdem dankbar, dass Max und ein kalkgesichtiger Warboy (Nicholas Hoult) aus Joes Gefolge sich ihnen anschließen. Und jetzt kommt es: Gemeinsam gelingt es ihnen, Joe zu schlagen und das Volk von seiner Tyrannei zu befreien.

Klingt simpel, ist es auch. Und nicht nur das. Der Filmtitel hält, was er verspricht: eine atemlose, rasante Fahrt auf der Fury Road. Die Fahrzeuge sind permanent in Bewegung, so dass man als Zuschauer kaum zum Luftholen kommt. So viel Tempo, so viel Action, so viele Stunts. Wahnsinn! Der Film ist mitreißend, macht Spaß und macht Lust auf mehr – auf eine Fortsetzung oder zwei. Und der neue Max? Viel Text lernen musste Tom Hardy als grunzender, schweigsamer Kämpfer nicht. Dafür ist er körperlich um so mehr gefordert, um mit Charlize Theron mitzuhalten. Er schlägt sich souverän (im wahrsten Sinne des Wortes), ist dazu nett anzusehen und lässt – ich traue es mich gar nicht zu sagen, tue es aber trotzdem – Mel Gibson schnell vergessen. Ein totgeglaubter Held ist wiedergeboren.

Zehn Oscar-Nominierungen? Da hat sich wohl auch das ein oder andere Academy-Mitglied mitreißen lassen. Egal wie viele Preise „Mad Max: Fury Road“ am Sonntag einheimst, er ist einer der furiosesten Filme der letzten Jahre. Weiter so!

„Mad Max: Fury Road“ (USA, Australien, 2015)
Darsteller: Tom Hardy, Charlize Theron, Nicholas Hoult, Hugh Keays-Byrne, Josh Helman, Zoe Kravitz, Rosie Huntington-Whiteley, Riley Keough
Regie: George Miller

Drehbuch: George Miller, Brendan McCarthy, Nico Lathouris
Kamera: John Seale
Schnitt: Margaret Sixel, Jason Ballantine
Musik: Junkie XL
Produktion: Doug Mitchell, George Miller, P.J. Voeten

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MANCHE MÖGEN’S HEISS – und niemand ist perfekt

beste filme

Diese Szene ist in die Filmgeschichte eingegangen. Milliardär Osgood sitzt in einem Boot mit Daphne, hat ihr gerade einen Antrag gemacht (Link hier). Seine Angebetete ziert sich, will ihm die Hochzeit ausreden: Sie sei keine echte Blondine, rauche ständig, habe eine zweifelhafte Vergangenheit, könne keine Kinder bekommen. Osgood zeigt sich unbeeindruckt. Da zieht sich Daphne die blonde Perücke vom Kopf und sagt mit tiefer Stimme: „Ich bin ein Mann.“ Osgood lächelt und sagt: „Well, nobody’s perfect.“ (Niemand ist vollkommen.)

Billy Wilder’s Film „Manche mögen’s heiß“ (1959) zählt zu den besten Komödien aller Zeiten, hat fast 60 Jahre später nichts von seinem Charme verloren. Der Regisseur ging bei seinem Film gleich mehrere Wagnisse ein: Er drehte in Schwarz-Weiß, besetzte die damals sehr labile Marilyn Monroe und steckte zwei Männer in Frauenkleider, was zu der Zeit als äußerst verpönt galt. Der Erfolg gab ihm recht. Das Publikum liebte den Film und tut es noch heute.

Schreckliche, haarige Biester

Zur Handlung: Die Musiker Joe (Tony Curtis) und Jerry (Jack Lemmon) sind auf der Flucht vor der Mafia, weil sie zufällig einen Mord beobachtet haben. In ihrer Not tauchen sie verkleidet als Josephine und (ähm!) Daphne beim einem Frauenorchester unter. Die Musikerinnen ahnen nicht, was für „schreckliche, haarige Biester“ sich bei ihnen eingeschlichen haben, nehmen Daphne und Josephine liebevoll auf. Den Männern wiederum fällt es schwer, sich nicht zu verraten, schließlich hüpft eine Horde junger Damen arglos in Unterwäsche um sie herum. Und dann ist da noch die verführerische Ukulele-Spielerin Sugar (Marilyn Monroe), die sich mit den beiden „Mädchen“ anfreundet.

Wie der Zufall will, findet das Gastspiel der Frauenkompo ausgerechnet dort statt, wo sich auch die „Freunde der italienischen Oper“ treffen, darunter Mafiosi mit so einprägsamen Namen wie Gamaschen-Colombo und Zahnstocher-Charlie. Aber die Flüchtigen stehen noch vor ganz anderen Problemen. Joe versucht Sugars Herz zu erobern. Diese aber hat Musikern abgeschworen und hält nach reichen Männern Ausschau. „Rasseweib“ Daphne ist da schon einen Schritt weiter. Sie/er ist dem notgeilen Milliardär Osgood ins Auge gefallen und muss sich gegen dessen Avancen wehren.

Sugar mit bitterem Beigeschmack

Diese Verwicklungen sind urkomisch – egal ob man den Film zum ersten oder zum zehnten Mal sieht. Vor allem Jack Lemmon als Daphne glänzt mit Witz und Spielfreude. Tony Curtis dagegen tat sich mit der Frauenrolle schwer. Weil er die hohe Stimmlage nicht hinbekam, musste er synchronisiert werden. Dennoch: Seine Cary-Crant-Parodie als angeblicher Shell-Erbe ist köstlich. (Der Kopierte selbst war nicht so begeistert.) Marilyn Monroe ist als Sugar zwar zuckersüß und legt mit dem Klassiker „I wanna be loved by you“ einen tollen Auftritt hin, trieb aber während der Dreharbeiten ihre Kollegen zur Weißglut. So heißt es, sie sein notorisch unpünktlich gewesen, konnte sich nicht einmal die einfachsten Sätze merken und kostete das Studio durch die von ihr verschuldeten 20 Tage Drehverzögerung einen Haufen Geld.

Übrigens: Zu dem vielzitierten „Nobody’s perfect“ wäre es beinahe nicht gekommen. Billy Wilder gefiel der Satz nicht, er fand ihn zu belanglos. Weil ihm und seinem Ko-Autoren nichts Besseres einfiel, blieb der Satz im Drehbuch. Zum Glück.

Und warum wurde in Schwarz-Weiß gedreht? Weil Curtis und Lemmon geschminkt und in Farbe sonst zu grotesk gewirkt hätten.

Was ist mit euch? Könnte ihr über „Manche mögen’s heiß“ lachen? Welcher andere Filmklassiker bringt euch zum Schmunzeln? Schreibt mir! 🙂

„Manche mögen’s heiß“ (USA, 1959)
Darsteller: Jack Lemmon, Tony Curtis, Marilyn Monroe, George Raft, Joe E. Brown, Joan Shawlee, Dave Barry,
Regisseur: Billy Wilder,
Drehbuch: Billy Wilder, IAL Diamond
Kamera: Charles Lang
Schnitt: Arthur P. Schmidt
Musik: Adolph Deutsch, Matty Malneck
Produktion: Billy Wilder, IAL Diamond, Doane Harrison

Lest dazu auch PULP FICTION – Die besten Filme aller Zeiten (Teil1).

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THE HATEFUL 8 – Was ist los, Mr. Tarantino?

Ein verschneiter Gebirgspass, eisig, unberührt. Nur ein einsames Wegekreuz weist auf die Existenz des Menschen hin. Am Horizont dieser Einöde taucht eine Kutsche auf. Etwas Bedrohliches zerstört die Idylle. Der Kutscher treibt die Pferde an. Ist es der nahende Schneesturm, der den Kutscher zur Eile mahnt? Oder führen seine Passagiere irgendetwas im Schilde?

Der Anfang von Quentin Tarantinos achtem Streich ist grandios, lässt auf etwas ganz Großes hoffen. Dabei hätte es „The Hateful 8″  fast nicht gegeben. Anfang 2014 war Tarantinos Drehbuch, streng von ihm gehütet, illegal im Internet aufgetaucht. Angeblich hatte er es nur sechs Leuten ausgehändigt. Tarantino war über den offensichtlichen Vertrauensbruch so verärgert, dass er drohte, sein Filmprojekt abzublasen. Glücklicherweise überlegte er es sich anders, verpflichtete treue Wegbegleiter wie Samuel L. Jackson, Michael Madsen, Tim Roth, Kurt Russell und Zoe Bell, dazu Bruce Dern, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins und Channing Tatum, um sie in Minnies Miederwarenladen aufeinanderzuhetzen.

Der Film spielt einige Jahre nach dem amerikanischen Bürgerkrieg. Die Konstellation von „The Hateful 8“ ist Folgende: ein Kopfgeldjäger mit einer Verbrecherin, ein weiterer Kopfgeldjäger, ein angeblicher Sheriff, ein Cowboy, ein britischer Henker, ein alter Südstaatenoffizier, ein Mexikaner und ein Kutscher. Sind bei mir neun. Aber der Kutscher zählt wohl nicht, obwohl er nach seinem baldigen Dahinscheiden allen Grund hätte, von Hass erfüllt zu sein. Denn plötzlich kommt Gift ins Spiel. Keiner der Überlebenden hat gesehen, wer das Gift in den Kaffee getan hat. Jeder misstraut jedem. Das erinnert an Miss Marple und „Reservoir Dogs“, Tarantinos Erstlingswerk. Letzteres – so verriet der Meister – diente tatsächlich als Inspiration, wie auch „The Thing“ (Das Ding aus einer anderen Welt) – ebenfalls mit Kurt Russell.

Suchspiel: Wer ist der Mörder?

Major Marquis Warren (Jackson) macht auf Margaret Rutherford und will das Rätsel lösen. Ganz richtig schlussfolgert er, dass die Verbrecherbande von Daisy Domergue (Leigh) hinter dem Schlamassel steckt und die zum Tode Verurteilte befreien will. Doch was haben der Cowboy (Madsen) und der Henker (Roth) damit zu tun? Und ist der Sheriff (Goggins) wirklich der, der er vorgibt zu sein?

Quentin Tarantino wäre nicht Quentin Tarantino, hätte er in sein Kammerspiel nicht eine dramaturgische Falltür – genauer gesagt eine Kellerluke samt Zeitsprung – eingebaut. Die Handlung nimmt eine überraschende Wendung, und am Ende sind alle tot. Zu viel verraten?

Eigentlich gibt es an „The Hateful 8“ nichts auszusetzen. Was die Bilder angeht, ist dies wohl Tarantinos bisher schönster Film (bei den Kinogängern, die in den Genuss der Roadshow gekommen sind, war der Eindruck sicher noch stärker). Ennio Morricone, der Musikdirektor aller Spaghetti-Western, komponierte den Soundtrack. Jennifer Jason Leigh gibt eine dermaßen widerwärtige Bösewichtin, dass man ihr nur den Tod wünschen kann. Tim Roth (schön, dass man ihn mal wieder im Kino sieht) liefert in der ersten Hälfte des Film eine beinahe unerträglich-herrliche Christoph-Waltz-Parodie ab. Und natürlich wird es blutig. Eigentlich ein toller Film. Eigentlich. Wieso nur bin ich dennoch unbefriedigt aus dem Kino gekommen?

Wahnwitze Einfälle? Fehlanzeige

Als Tarantino-Fan der ersten Stunde hatte ich etwas anderes erwartet. Etwas Unerwartetes. Ob es „Reservoir Dogs“, „Pulp Fiction“, „From Dusk Till Dawn“ (ja, den zähle ich jetzt mal dazu) oder auch die neueren Filme „Inglourious Basterds“ oder „Django Unchained“ waren, am Ende hat man sich als Zuschauer doch immer irgendwie beschwingt gefühlt –  beschwingt von den wahnwitzigen Einfällen (z.B. Mr. Blondes Ohrabschneide-Tanz hier ) und vom furiosen Gemetzel als finaler Höhepunkt.

Und bei „The Hateful 8“? Nichts. Am Ende sind alle tot. So what? Keine Identifikationsfigur, kein Held, kein Mitleid. Keine kultigen Filmzitate, kein Viertelpfünder mit Käse. Überhaupt kein Kult und kein Witz. Stattdessen macht Quentin Tarantino etwas, das er noch nie getan hat. Er wiederholt sich, greift nach „Django Unchained“ erneut das Westernmotiv und den Rassen-Konflikt auf. Ein wichtiges Thema. Aber es bietet keine Überraschungen. Quentin Tarantino wollte einen schönen Film abliefern, schöne Bilder, schöne Musik, die Handlung reduziert auf die acht Protagonisten (oder neun, oder zehn). Das ist ihm gelungen. Was dem Film fehlt, ist das Unberechenbare, die Geistesblitze eines Film-Verrückten, des enfant terrible der Filmemacher. Quentin Tarantino ist erwachsen geworden.

Vor einigen Wochen hat Quentin Tarantino angekündigt, nur noch zwei Filme drehen zu wollen. Mehr stecke nicht mehr in ihm drin. Als Fan der ersten Stunde werde ich diesen Weg mit ihm gehen – egal wohin er führt.

Was haltet ihr von „The Hateful 8“? Hat euch der Film gefallen? Und welcher ist euer liebster Tarantino-Film? Traut euch, und schreibt mir!

„The Hateful 8“ (USA, 2015)
168 Minuten
Darsteller: Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Jennifer Jason Leigh, Michael Madsen, Tim Ross, Bruce Dern, Walton Goggins, Zoe Bell, Channing Tatum
Regie/Drehbuch: Quentin Tarantino
Musik: Ennio Morricone
Kamera: Robert Richardson
Schnitt: Fred Raskin
Produktion: Richard N. Gladstein, Shannon McIntosh, Stacey Sher

Lest dazu auch PULP FICTION – Die besten Filme aller Zeiten.

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Wer hat hier wahren Schneid? – TRUE GRIT

Er ist stets verkatert, nimmt es mit dem Gesetz nicht so ganz genau, ist aber dennoch der beste Spürhund im Wilden Westen – wenn es darum geht, sich fiesen Ganoven an die Fersen zu heften. 1969 schlüpfte John Wayne in die Rolle des Rooster Cogburn. Für seinen Auftritt in „True Grit“ (deutscher Titel „Der Marshal“) heimste der alte Haudegen Kritikerlob und sogar einen Oscar ein. So viel dazu.

Gut 40 Jahre später nahmen sich Joel und Ethan Coen den Stoff vor. Sie selbst hatten mit ihrem Neo-Western „No Country for Old Men“ (2007) das Genre neu belebt und wollten mit „True Grit“ einen drauf setzen.  Aber wer sollte Rooster Cogburn spielen? Die Wahl fiel auf Jeff Bridges, einen alten Bekannten der Coen-Brüder („The Big Lebowski“). Wenn man der Legende glaubt, lautete seine erste Regieanweisung: „Vergiss John Wayne.“ Die Coens wollten etwas Eigenes, etwas Neues schaffen – kein Remake, sondern eine eigenständige Interpretation der Romanvorlage von Charles Portis. Der „Dude“ vergaß den „Duke“. Und ich werde es ihm bei meiner Rezension gleich tun.

Zur Handlung: Rooster Cogburn staunt nicht schlecht, als die 14-jährige Mattie (Hailee Steinfeld) vor ihm steht. Die vorlaute Göre will ihn – den Marshal – dafür bezahlen, dass er einen gewissen Tom Chaney (Josh Brolin) aufspürt. Chaney habe ihren Vater ermordet und sie wolle sich rächen. Warum sie ausgerechnet auf ihn komme, will der alte Suffkopp wissen. Weil er „wahren Schneid“ (true grit) besitze, habe sie gehört. Nach einigem Zögern sagt Cogburn zu. Zu dem ungleichen Duo gesellt sich der Texas Ranger La Boeuf (Matt Damon) – hauptsächlich, weil er hinter dem Lösegeld für Chaney her ist.

Bei dem Ritt durch die Wildnis zeigt sich sehr schnell, dass es eigentlich Mattie ist, die sich durch wahren Schneid auszeichnet. Zwar wirkt die 14-Jährige mit ihren Zöpfen sehr mädchenhaft, macht dies aber mit Unerschrockenheit und keckem Mundwerk mehr als wett. Wer sie unterschätzt, ist selber schuld. Das bekommt später auch Tom Chaney zu spüren.

15.000 Mädchen sollen sich für die Rolle der Mattie beworben haben. Man entschied sich schließlich für Hailee Steinfeld. Ein Glücksgriff, den die 13-jährige spielt sowohl Bridges als auch Damon an die Wand. Vor allem Matt Damon schwächelt als selbstverliebter Texas Ranger. Über sein Vermögen, den texanischen Dialekt nachzuahmen, kann ich mir kein Urteil erlauben. In der synchronisierten Variante versagt LeBoeuf, erinnert er doch eher Forrest Gump als an einen Texaner. Jeff Bridges agiert zwar überzeugend und souverän als trinkender Rooster Cogburn. Jedoch kopiert er im Grunde nur seinen Auftritt als Bad Blake, den er ein Jahr zuvor in „Crazy Heart“ verkörperte – und das sowohl optisch als auch schauspielerisch. Wer „Crazy Heart“ nicht kennt, wird sich daran nicht stören.

Der Film selbst ist zwar staubtrocken und für die Coen-Brüder ungewohnt unlustig inszeniert. Dennoch macht es Spaß, den Film anzuschauen. Schießereien, Saloons, Verfolgungsjagden und richtig kernige Helden – „True Grit“ ist für mich einer der Gründe, warum ich mich heute wieder für Western begeistere.  Und damit stehe ich nicht allein. Der Film kam nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch bei den Kritikern an. Bei der Oscar-Verleihung 2011 räumte „True Grit“ ab – zumindest was die Nominierungen betraf. Obwohl zehnmal nominiert, scheiterte der Film aber letztlich in allen Kategorien.

Woran es gelegen hat? Wer weiß. Vielleicht war das Filmende schuld, das ich als enttäuschend empfand. Als Erwachsene begibt sich Mattie Jahre später auf die Suche nach Rooster Cogburn. Nichts erinnert mehr an die vorlaute Göre. Mattie (dargestellt von Elisabeth Marvel) hat nicht nur ihren Unterarm und ihren Jugendlichkeit eingebüst, sondern auch ihren Schneid. Die letzten Minuten wirken deshalb frustierend, nehmen dem ganzen Film seinen Schwung. Vielleicht haben es die Coen-Brüder genauso gewollt. Ich als Zuschauer aber fühlte mich verschaukelt.

„True Grit“ (USA 2010)
Darsteller: Jeff Bridges, Matt Damon, Hailee Steinfeld, Josh Brolin, Barry Pepper, Domhnall Gleeson, Elisabeth Marvel
Regie: Ethan und Joel Coen
Drehbuch: Ethan und Joel Coen
Produktion: Ethan und Joel Coen, Scott Rudin, Megan Ellison
Kamera: Roger Deakins
Musik: Carter Burwell
Schnitt: Ethan und Joel Coen als Roderick Jaynes

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