La La Land – Als Träumer noch träumen durften

Ein paar Dinge vorweg: „La La Land“ (2016) ist ein Musical. Also nicht erschrecken: Im Film wird gesungen und getanzt. Es gibt keine Actionsequenzen, keine Mutanten, keine Raumschiffe, keine spektakulären Verfolgungsjagden. Es fliegt nichts in die Luft – außer einem verliebten Paar.

In „La La Land“ wird den Zuschauern eine kunterbunte heile Welt vorgespielt – abseits von Problemen wie Terrorismus, Rassenkonflikten  und Flüchtlingskrise. Es geht um Liebe und um Jazz. Oh je! Gibt es nichts Wichtigeres als ein paar Tanznummern? Trotzdem überschlagen sich die Kritiker vor Begeisterung. Etliche Preise hat der Film bereits abgeräumt – darunter sechs Oscars.

La La Land

„La La Land“: Es steppt, wenn Mia (Emma Stone) und Sebastian (Ryan Gosling) sich näher kommen.  Foto: StudioCanal

Der Inhalt – und das ist der eher übersichtlichen Handlung geschuldet – lässt sich kurz zusammenfassen. Mia (Emma Stone) und Sebastian (Ryan Gosling) sind zwei Träumer in Los Angeles. Sie arbeitet als Bedienung in einem Café auf dem Warner-Bros-Gelände und strebt eine Schauspielkarriere an. Er ist Musiker und will den Jazz im Alleingang retten, indem er einen Club eröffnet. Doch ihre Träume sind nur Seifenblasen, die zu zerplatzen drohen. Bis sie sich kennenlernen. Die beiden verlieben, bestärken sich gegenseitig, an ihre Träume zu glauben. Und siehe da, das hilft sogar. Am Ende stehen beide an der Schwelle zum Erfolg. Bleibt dafür ihre Liebe auf der Strecke?

Mit „La La Land“ hat  Regie-Senkrecht-Starter Damien Chazelle nach seinem Überraschungserfolg von „Whiplash“ ein Herzensprojekt umgesetzt. Das Drehbuch stammt aus seiner Feder, die Songs aus der seines früheren Havard-Kommilitonen Justin Hurwitz. Ein Musical wie aus der guten alten Zeit, aus dem Hollywood der 1950er Jahre, gepaart mit ihrer gemeinsamen Begeisterung für Jazz. Das war ihre Idee – eben „Gene Kelly meets Thelonious Monk“, wie der Regisseur selbst sagt. Mit ihrer Nostalgie-Nummer haben Chazelle und Hurwitz  einen Nerv getroffen. Aber warum? Ist „La La Land“ der Film, auf den wir seit Jahren gewartet haben, ohne es zu wissen? Was macht den Film so besonders?

Zuerst einmal verwöhnt er Augen und Ohren gleichermaßen. Die Lieder gehen ins Ohr,  nachdem man den ersten Schock überwunden hat, dass im Film tatsächlich ständig gesungen wird. Szenenbilder und Choreografie sind geradezu berauschend, ob Steppschritt im Sonnenuntergang, der traumhaft schöne Tanz im Sternenhimmel – oder die Eröffnungsszene auf dem Highway. In dieser Plansequenz brillieren nicht nur die Darsteller, sondern vor allem Kameramann Linus Sandgren und Regisseur Chazelle, die in dem scheinbaren Chaos den Überblick behalten. Eine Meisterleistung!

Am umwerfendsten ist jedoch der Schluss. Stone und Gosling tanzen sich noch einmal durch die Stationen ihrer Liebe. Was wäre wenn … wir uns sofort verliebt hätten, wenn wir Kompromisse eingegangen wären, wenn wir an unsere Liebe geglaubt hätten, wenn wir einfach gesprungen wären – ohne nachzudenken und ohne zu bereuen. Wo würden wir dann heute stehen? Was wäre wenn? Damien Chazelles Musicalmärchen verwehrt dem Zuschauer und seinen Hauptfiguren dieses Happy End. Er lässt den Traum vom Erfolg in Erfüllung gehen. Den Traum der großen Liebe lässt er jedoch zerplatzen – aber so schön.

In „La La Land“ geht es um die Liebe – und um die Musik. Aber es ist nicht nur der Jazz, der vom Aussterben bedroht ist, sondern vor allem das Kino selbst. Weil sich keiner mehr zu interessieren scheint für die Filme der Goldenen Ära. Während der Jazz mit Sebastians neuem Klub am Ende offenbar gerettet ist, bleibt das alte Lichtspielhaus, in dem sich das Paar einst getroffen hat, geschlossen. Das kleine Haus wurde zermalmt vom Desinteresse, von der Walze der Multiplexkinos und einer Branche, in der Masse und Profit mehr zählen als Klasse. Sicher, um Profit ging es den Produzenten schon immer. Dennoch hebt sich „La La Land“ selbst wie ein Phönix aus der Asche und beschwört eine Zeit, in der das Kino noch etwas für Träumer war – ein Rückzugsort, an dem Probleme und Sorgen für zwei Stunden in den Hintergrund traten, an dem man sich berauschen ließ und auf ein Happy End hoffen konnte.

„La La Land“ (USA, 2016)
128 Minuten
Darsteller: Emma Stone, Ryan Gosling, John Legend, Rosemarie DeWitt, J. K. Simmons, Tom Everett Scott
Regie, Drehbuch: Damien Chazelle
Kamera: Linus Sandgren
Musik: Justin Hurwitz
Schnitt: Tom Cross
Produktion: Fred Berger, Gary Gilbert, Jordan Horowitz, Marc Platt

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Wiedergeburt des Lichtspielhauses

Mal etwas anderes: Die Volks-Lichtspiele in Wernigerode (Harz) trotzen dem Kinosterben. Jetzt wird in die Zukunft investiert. Den Text habe ich diese Woche für die Harzer Volksstimme geschrieben.

Wernigerode.  Der Geruch von Popcorn hängt noch in der Luft. Doch Filme werden in nächster Zeit nicht mehr über die Leinwände der Volks-Lichtspiele flimmern. In dem alten Kino an der Flutrenne fiel vor wenigen Tagen der letzte Vorhang. Der vorerst letzte, wie Kirsten Fichtner, Chefin der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft (GWW), betont. In den nächsten Monaten lässt die GWW das Haus sanieren und modernisieren. Die städtische Tochtergesellschaft hat das Gebäude vor zwei Jahren von der Betreiberfamilie Becker erworben, mit dem Ziel, das Kino für Wernigerode zu erhalten.

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Die Volks-Lichtspiele in Wernigerode (Harz) – mehr als 100 Jahre Kino-Geschichte. Foto: Ivonne Sielaff

Dass das Lichtspielhaus nahe des Westerntors bis heute durchgehalten hat, ist einem Wunder gleichzusetzen. Gab es in DDR-Zeiten in fast jedem kleineren Ort ein Kino, setzte nach der Wende mit dem Aufkommen der Multiplex-Häuser das große Kinosterben ein. Viele Betreiber konnten nicht mit der Konkurrenz mithalten, hatten oftmals kein Geld, um in moderne Technik zu investieren und verloren deshalb an Zuschauern

Wolfgang Becker ist es maßgeblich zu verdanken, dass die Volks-Lichtspiele noch existieren. Er wurde nach der Wende Leiter des Kinos. Eigentümer war die UFA (Universum Film AG). Als die UFA das Haus schließen wollte, entschied er, es zu kaufen und weiter zu betreiben. Steigende Nebenkosten und sinkende Einnahmen zwangen Becker und seine Familie mehrmals fast zur Aufgabe. Aber sie hielten durch, bis vor zwei Jahren.

Im Jahr 1860 als Vereinsheim erbaut

„Nachdem wir das Haus übernommen haben, haben wir zuerst in 3-D-Technik und ein neues Soundsystem investiert“, sagt Kirsten Fichtner. Durch die Modernisierung hätten sich die Besucherzahlen verdreifacht. Schon 2014 sei jedoch klar gewesen, dass das Kino saniert werden muss.

„Das Gebäude wurde 1860 als Vereinsheim errichtet“, informiert Bauleiterin Ines Müller. Im Laufe der Jahre nutzte man es unter anderem als Schützenhaus und Parteilokal. 1909 wurde erstmals ein Kino an der Flutrenne 6 erwähnt, welches in den Saalbau des alten Schützendomizils eingezogen war, damals noch unter dem Namen Schloß-Lichtspiele. In den 1970er Jahren sei das Kino laut Ines Müller umgebaut worden. 2003 wurden die Stühle und 2007 der Boden sowie die Wandbespannung erneuert. Doch der Zahn der Zeit hat an dem Gebäude genagt – innen wie außen. „Nostalgie ist etwas anderes“, fasst es Kirsten Fichtner treffend zusammen.

Das soll sich nun ändern. Nach den Umbauarbeiten wird das Kino nicht wiederzuerkennen sein: Drei „moderne KinoSäle“ und eine „stylische Movie Lounge“ – damit wird schon seit Monaten auf einem Plakat an der Hauswand geworben. „Wir machen alles neu“, kündigt die Bauleiterin an.

Denkmalschutz bestimmt Außengestaltung

Fassade und Fenster werden in Abstimmung mit der Denkmalbehörde gestaltet. Der für ein Kino ungewöhnliche Eingang mit den zwei Türen soll der Vergangenheit angehören. „Die neue Gestaltung wird überraschen“, sagt Kirsten Fichtner, ohne zu viel zu verraten. Das alte Mobiliar werde entsorgt beziehungsweise verkauft, das Kino komplett neu – und dazu barrierefrei – eingerichtet.

„In den vergangenen Tagen haben wir das Umfeld vom Wildwuchs befreit“, informiert Bauleiterin Ines Müller. Als nächstes stehen Fassaden- und Zimmermannsarbeiten an. Nach der Entkernung folge der Innenausbau. „Wir hoffen, dass die Arbeiten schnell vorangehen“, so Ines Müller. Sie rechne mit einem halben Jahr, bis sich der Vorhang wieder hebt. Dann übrigens nicht nur für herkömmliche und 3-D-Filme, sondern als neue Attraktion sogar für 4-D- und 5-D-Filme. Das sind kurze Streifen, die nicht nur räumliches Sehen ermöglichen, sondern unter anderem auch den Tast- und den Geruchssinn des Publikums ansprechen. „Das wird ein Alleinstellungsmerkmal für Wernigerode“, ist sich Kirsten Fichtner sicher. „Das gibt es in Goslar und Halberstadt nicht.“

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